Dr. phil. Berta C. Schreckeneder
Praxis für Beziehungstherapie
Eine mutige Beziehungsgeschichte

Eine mutige Beziehungsgeschichte

Es war einmal ein Mensch, der sich selbst sehr liebte.
Anmerkung: Die Geschichte ist in weiblicher Form geschrieben. Sie können sich genauso gut vorstellen, dass die Hauptfigur dieser Geschichte ein Mann ist, der sich selbst liebt.

Im Frühling öffnete die sich selbst liebende Frau die Fenster weit und ließ die warme Luft ihr Haus erwärmen. Ihre Selbstliebe war nichts anderes als eine gute, liebevolle Beziehung zu sich selbst. Sie beschrieb anderen ihren Umgang mit sich selbst gerne als höflich und manchmal auch bestimmt. Denn schließlich wollte sie ein schönes Leben. Dazu gehörte auch, sich selbst liebevoll und bestimmt Grenzen zu setzen. Da sie ihre Türe gerne offen hatte, kamen oftmals Besucher in ihr Haus und fragten sie nach Rat.
So war es, dass ein junger Mann sie eines Tages fragte: “Wieso sind die Beziehungen zu anderen Menschen oft so ein Durcheinander.“ Er selbst war ein überaus geräuschempfindlicher Mensch, der gerade bei dieser Frau die Stille genoss und sie daher öfters besuchte. Die sich selbst Liebende lächelte und verglich die Beziehungen unter Menschen für ihn mit einem Radio, welches du aufdrehst und du hörst nur Rauschen. Sie sagte: „Das Rauschen im Radio ist ungefähr so, wie Menschen miteinander in Beziehung stehen. Es rauscht manchmal furchtbar laut. Wenn es klarer klingt, dann kannst du sicher sein, dass die Liebe in den Beziehungen führt. Und dabei ist es egal, ob du auf berufliche oder private Beziehungen schaust. Das Rauschen nimmt ab, je mehr Liebe und Wertschätzung füreinander im Spiel ist!“ Sie ergänzte, dass es auch in jeder wertschätzenden Beziehung rauschfreie Zeiten gibt und Zeiten, in denen einem fast die Ohren bersten.
Der junge Mann wurde neugierig und fragte, wie man generell in Beziehungen rauschfreier hören kann. Sehr spontan meinte sie: „Das Einkehren in die Selbstliebe gibt die Kraft, auch in extrem lauten Zeiten aufrecht zu gehen.“ Denn jede Beziehung zu anderen ist etwas störungsempfindlicher als die tiefe Liebe zu sich selbst. Wenn es mit Anderen zu laut wird, kann die Einkehr in sich selbst beruhigen. Danach geht man mit der eigenen Stille wieder nach außen. So ist die Abhängigkeit von Anderen gelöster. Denn wer es gerne laut hat, dem möchte man das doch nicht nehmen. Sie empfahl dem jungen Mann, er möge sich selbst gut zuhören. Die wunderbare Erfahrung tiefergehender und liebevoller Beziehungen zwischen Menschen zu machen, ist so leichter möglich.
Es ist gut, der Selbstliebe zu vertrauen; was nicht immer leicht ist. Um es verständlicher zu machen, sprach sie weiter zu ihm, während er das gute Gespräch und seinen Tee in vollen Zügen genoss. „Manchmal drängt dich etwas im Außen – der Job oder ein Freund, etwas zu tun, wogegen sich die Liebe zu dir selbst ausspricht. Aber du bist unsicher, ob es nicht die Angst ist, die dich treibt. Probiere es – gerade wenn du sicher bist, niemand Anderem Schaden zuzufügen – das eigene zu tun, deiner Selbstliebe zu vertrauen. Selbst auf die Gefahr hin, dass du hinterher feststellst, aus Angst gehandelt zu haben und das Ergebnis nicht deinen Wünschen entspricht. Was war deine Motivation für dein Tun – die Liebe zu Dir selbst, deine Angst oder deine Verliebtheit in dich oder jemand Anderen? Die Selbstverliebtheit und das Verliebt sein in einen anderen Menschen sind oft geprägt von intensiven Gefühlen, vom Mitschwingen der Angst, sich selbst oder den Anderen wieder zu verlieren. Finde es heraus – wie sonst würdest du lernen, welche Beweggründe deinerseits zu welchen Ergebnissen führen. Unterscheide es bewusst, wann immer du Lust hast, dir zuzuhören.“
Er dachte daran, wie entscheidend es wohl ist, seine Beweggründe und die Unterschiede im Handeln kennen zu lernen. Ihm fiel ein altes Sprichwort ein: Übung macht den Meister oder die Meisterin. Selbstliebe gedeiht aus seiner jetzigen Sicht durch die Hinwendung zu sich selbst, das Erkennen des Unterschiedes, wann aus Angst und wann aus der Selbstliebe heraus gehandelt wird.
Der junge Mann verließ das Haus, gefüllt mit der Bereitschaft und dem Mut, sich selbst zuzuwenden. Denn ja, es braucht wirklich Mut sich selbst kennenzulernen und sich selbst zu lieben. Er selbst begann, sich dem Rauschen in seiner Beziehung zu widmen. Denn schon im Gespräch spürte er, dass es in der Beziehung zu ihm selbst wohl doch auch etwas lauter ist.

Selbstverliebtheit vergeht, die Selbstliebe wächst, bleibt und nährt. (Coromayh)

Selbstliebe braucht Zeit. Eine gute Beziehung zu sich selbst ist wie eine schöne Musik und manchmal einfach nur still. Sie ist bunt und farbenfroh wie die Natur, sie schmeckt nach dem Lieblingsessen und fühlt sich an, wie die Haut des Geliebten.

Der Wonnemonat  Mai ist eine gute Gelegenheit, sich der Beziehung zu sich selbst zuzuwenden.

BEZIEHUNGSTIPP:

Setzen Sie sich täglich 5 min. hin und horchen Sie in sich selbst hinein. Ändern Sie nichts an dem, was Sie in der Stille an Gedanken, Gefühlen oder körperlichen Empfindungen wahrnehmen. Nehmen Sie sich innerlich wahr. Machen Sie die Übung einen Monat lang jeden Tag. Dann schreiben Sie in einem schönen leeren Buch auf, was sich in Ihnen und im außen mit anderen verändert hat.

 

 

Bild: Fotolia Ausschnitt aus: 3390781 – smoke vase © Marek Chalupnik

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