Dr. phil. Berta C. Schreckeneder
Praxis für Beziehungstherapie
Familie … und alle sind da!

Familie … und alle sind da!

Unterstützende Tipps für das Zusammenleben in der Familie im Rahmen der Corona Einschränkungen

In jedem Familiensystem gibt es eine Organisation, Strukturen und Regeln, die ein Funktionieren im Alltag gewährleisten.

Jeder Einzelne von Ihnen, ob groß oder klein, hat darin seinen zugeordneten Platz.

Selbst dann, wenn die vorhandene Ordnung irgendwie einfach entstanden ist und nur weniges davon bewusst gestaltet wurde – die Ordnung ist da. Manches der Ordnung wurde familienintern geschaffen, anderes musste sich aus den Vorgaben des Außen, Schule, Arbeitsplatz …, entwickeln.

Jetzt, mit dem aktuellen Coronavirus, ist plötzlich vieles und mancher nicht mehr an seinem Platz.

Organisation und Struktur ist in Teilen neu zu gestalten. Das fordert Erwachsene.

Was gibt es da für Erwachsene zu wissen?

Größte Achtsamkeit gilt den Kindern und auch Jugendlichen.

Aggressionen der Eltern landen gerade in besonderen Zeiten bei ihren Kindern – da greift die Biologie im Menschen. Stoppen Sie das.

Je bewusster Eltern jetzt mit ihren Gefühlen umgehen, desto entspannter kann das Familiensystem bleiben.

Rufen Sie sich als Erwachsene immer wieder folgendes in Erinnerung:

Unsere Kinder sind für diese vom Virus ausgelöste Situation genauso wenig verantwortlich wie wir selbst. Corona haben wir als Menschen geschaffen und zu verantworten, ja – unsere Form des Wirtschaftens, die täglich gewählte Nahrung, usw., aber es wäre nutzlos, jemanden persönlich zu beschuldigen.

Sehen Sie auch, dass diese Elterngeneration nicht vorbereitet ist auf das, was jetzt da ist und in Folge noch kommen wird.

Seien Sie sich bewusst, dass Sie dennoch die Generation sind, die genau das leisten kann, die solche Krisen meistern kann. Wir sind absolut in der Lage, gravierende Einflüsse von außen liebevoll zu gestalten. Und ich betone das Wort liebevoll in diesem Kontext. Wer jetzt in Raserei und gefühlloses Tun verfällt, nährt den Virus und nicht die Familie.

 

TIPP 1 ORGANISATION: Gestalten Sie als Eltern das Zusammenleben

Besprechen Sie als Eltern gemeinsam, welche Organisation, welche Strukturen in der Familie jetzt dienlich sind und wie sie die Situation bestmöglich gestalten können. Nehmen Sie sich Zeit dafür – abends in Ruhe beim Tisch. Wenn beispielsweise das Kind nicht zur Oma gebracht werden kann, wie werden sie das jetzt genau gestalten?

Wenn Jugendliche es gewohnt sind, in familiäre Entscheidungen eingebunden zu sein, dann holen Sie Ihre großen Kids dazu.

Hatten Ihre jugendlichen Kinder bisher nie eine Mitsprache, dann fragen Sie Ihre Kinder erst, ob sie die aktuelle Situation mitgestalten wollen. Denn wenn sie jetzt plötzlich etwas müssen, was sie nie mussten, wird das für die Jugendlichen eine Belastung. Und davon braucht ein Familiensystem gerade nicht mehr.

Sie als Eltern haben jetzt die Aufgabe, eine neue familieninterne Ordnung zu schaffen.

 

TIPP 2 GEFÜHLE: Tragen Sie heftige Gefühle in die Natur

Darin kommen manche Menschen in Überforderung bis hin zur Verzweiflung. Aggressive Gefühle, Ängste, Schuldgefühle … all diese Gefühle sind „normal“. Das ist in uns angelegt. Entscheidend ist unser Umgang damit und da ist jeder absolut in der Verantwortung.

Es ist eine Zeit, in der jeder mit seiner eigenen Liebe in Berührung kommen kann. Tiefe Selbstliebe, was eigentlich etwas völlig Normales sein könnte, fehlt vielen Menschen.

Daher ist es auch für viele eine Zeit, in der sie mit der Ablehnung von sich selbst, mit dem Gefühl der eigenen Wertlosigkeit, konfrontiert werden können. In Überforderung, Verzweiflung, aggressiven Gefühlen, Ängsten, Schuldgefühlen … äußern sich tieferliegende Grundüberzeugungen, Einstellungen, Haltungen eines Menschen.

Wenn Sie als Elternteil in sich Wut oder Ohnmacht, Verzweiflung, Ratlosigkeit und Angst sehr intensiv fühlen, dann hat das mit Ihrer Vergangenheit zu tun. Und dafür muss sich kein Mensch schämen. Es geht nur darum, es in sich wieder zu befrieden, zu lieben, wie alles andere.

Gehen Sie an die frische Luft und fahren Sie die eigenen Emotionen runter. Die Wälder sind groß und geben Ihnen Kraft. Sie können ausreichend Abstand von anderen Menschen einhalten. Und das Wetter ist egal. Ein Hundebesitzer geht auch bei jedem Wetter hinaus. So stoppen Sie den innewohnenden Mechanismus, Eigenes auf andere zu projizieren.

Kommen Sie erst wieder in Ihr Zuhause, wenn Sie sich selbst in der Natur wieder mit Liebe oder anderen guten Gefühlen gefüllt haben.

Sie können auch einen Raum in der Wohnung nur zum Runterfahren Ihrer Gefühle nutzen.

In diesen Raum können sich dann einzelne Familienmitglieder vorübergehend zurückziehen, um schwierige Gefühle in sich selbst zu lassen. Natürlich können Sie auch das Schlafzimmer nutzen, wenn Sie kein Büro oder sonstigen Raum in der Wohnung haben. Lüften Sie danach einfach gut durch.

Die Aussage: „Ich bin so wütend, ich ziehe mich für eine Stunde zurück“ erntet Mitgefühl und Liebe, weil auch der andere um seine eigene Wut weiß. Nicht immer ist es leicht, damit im Inneren zu sein.

 

TIPP 3 TRANSPARENZ: Sprechen Sie wiederholt über die aktuelle Situation

Machen Sie sich selbst und allen in der Familie klar, dass es eine besondere Zeit ist. Es ist keine schwere Zeit, es ist eine besondere Zeit, die Raum für das Gute bringt, sofern Sie als Erwachsene das auch wollen und bereit sind, dafür in die Verantwortung zu gehen. Bestimmen Sie Ihr Familienklima selbst!

Erklären Sie die aktuelle Situation auch grob Ihren Kindern, die bereits in die Schule gehen. Weisen Sie mit Ihren persönlichen Möglichkeiten als Elternteil auf die aktuell notwendigen Veränderungen. Die kleinen Kinder erleben irgendwie auch Ihren Traum – Papa und Mama immer da, wie schön ist das denn.

Nehmen Sie das in Ihre Hände und lassen Sie es nicht zu einem Albtraum für die Kleinen werden. Daher ist es so wichtig, gemeinsam in der Familie darüber zu sprechen. Sie steuern als Familie ein Schiff und am Meer ist es im Moment unruhig.

Und das ist ganz normal: Die Zeit zeigt in einer Familie und in allen anderen Systemen, Organisationen auf, was im Schatten liegt.

Gestern konnte ich am Kuhsee (Naherholungsgebiet in Augsburg) ein Pärchen Schwäne beobachten. Einer von Ihnen war weiß und einer schwarz – was für ein Zufall. Beide Schwäne wollen gesehen und bewundert/geliebt werden. So ist das auch in uns. Wir wollen geliebt werden, auch mit unserer Angst, mit unserer Wut.

 

Tipp 4 REGELN: Finden Sie einen guten Umgang miteinander

In dieser besonderen Zeit ist es gut, wenn man sich überlegt, wie man miteinander gut leben will – jetzt, wo alle anwesend sind.

In den Schulen gibt es oft Umgangsregeln – besprechen Sie mögliche Regeln auch in der Familie. 2 bis 3 gute Regeln, die die Familie stützen, reichen völlig. Beispiele sind:

Wir sind freundlich miteinander.

Wir leben gut miteinander.

Wir sind rücksichtsvoll miteinander.

Die Kinder werden diese Regeln besser einhalten als die Eltern – das ist zumindest meine Erfahrung. Die Kids werden gemachte Vereinbarungen auch einfordern. Lassen Sie das zu. Sagen Sie danke zu Ihrem Kind und halten Sie sich wieder an die Regel. Es ist nicht schlimm, eine Regel zu verletzen. Denn durch jeden Fehler haben Sie noch „Fehlendes“ dazugelernt. Danach wird es für Sie leichter werden, die Regeln einzuhalten.

 

TIPP 5 HOMEOFFICE: Besinnen Sie sich auf Ihre Ressourcen

Wie schon gesagt, sind Eltern jetzt aufgefordert, sich neu zu organisieren. Und insbesondere in Familien, in denen jetzt von Eltern Arbeit von zuhause zu erledigen ist, verlangt es wirklich menschliche Reife auf Seiten der Erwachsenen. Elternteile, die normalerweise nur abends und am Wochenende da sind, sind an diese Form von Alltag mit Kindern nicht gewöhnt.

Seien Sie sich selbst – bis in Ihre Tiefe – bewusst, dass Sie in einer Familien- und Arbeitssituation stehen, die Sie vielleicht sogar noch nie hatten. Bleiben Sie geduldig mit sich selbst.

Wenn Sie mit Homeoffice noch überhaupt keine Erfahrung haben, verlangt dies besonders viel Achtsamkeit im Umgang miteinander. Neben der gemeinsam klar abgestimmten Ordnung.

Ruhe, um sich zu konzentrieren, keine ständigen Ablenkungen durch Kinder – das muss jetzt organisiert werden. Je kleiner der gemeinsame Wohnraum und je mehr Personen anwesend sind, desto anspruchsvoller wird dies für die Familie sein.

Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken/Ressourcen, lassen Sie alte, nutzlose Überzeugungen von sich selbst getrost fallen. Glaubensätze, wie bspw. Ich bin nicht geduldig, sind nutzlos.

Sorgen Sie für Raum und Zeit in der Familie, in der Sie Ihre Arbeit erledigen können. Besprechen Sie zusätzliche Regeln, wann es bspw. ruhig sein muss.
Achten Sie dabei auf Ihre Kinder! Sie können nicht stundenlang ruhig sein. Das gibt unsere Biologie nicht her.

Und wenn Sie Unterstützung brauchen, dann fragen Sie in Ihrem Unternehmen nach einem Online-Coach, der sowohl therapeutische (Familiensystem) als auch Erfahrungen als Coach in Unternehmen hat. Ihr Unternehmen oder Sie selbst können mich gerne dazu kontaktieren. Es steht Ihnen die Praxis oder die Firmenhomepage www.viewconsult.de und die Mailadresse raum@viewconsult.de zur Kontaktaufnahme zur Verfügung.

TIPP 6 DANKE: Verständnis und Mitgefühl für sich selbst

Stellen Sie sich mal die Gründung eines Unternehmens im Vergleich dazu vor. Welches Unternehmen wurde oder wird in wenigen Wochen erschaffen? Es braucht Zeit, bis alles wächst und gut organisiert wird.

Es ist, wie hier ausgeführt, Vieles jetzt sehr neu. Haben Sie Verständnis und Mitgefühl für sich selbst. Seien Sie sich selbst für alles dankbar, was Sie gut machen.

Manche Elternteile hatten bisher tagsüber nicht viel mit den Kindern zu tun. Nun ist schlagartig ein guter Papa oder eine gute Mama gefragt – ohne Auszeit. Mit Kindern sein, das braucht auch Übung. Haben Sie Verständnis für sich, wenn es nicht gleich gelingt und Ihnen manchmal der Geduldsfaden reißt. Kehren Sie wieder zurück zu Ihrer Geduld und gehen Sie weiter.

Zu Hause arbeiten, wie bequem … nun ja, bis man es erlebt hat. Dann sieht man das vielleicht doch anders.

Beobachten Sie sich liebevoll selbst – nicht mit dem inneren Kritiker, der längst verabschiedet werden darf.

Der friedliche und freundliche Umgang braucht Regeln, neben der klaren Organisation und Strukturen. Sie können das in Ihrer Familie erschaffen und die Beziehungen zueinander vertiefen. Das bringt sehr viel Freude in Ihr Leben.

 

Seien Sie dankbar für alles, was ist und kommt.
Damit stärken Sie Ihr Immunsystem.

 

 

Foto: privat

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